Krieg bedeutet Tote, Flucht und Vertreibung – nicht nur unmittelbar durch Bomben und Gewehre, sondern auch durch niedergebrannte Felder, verseuchte Böden und vergiftetes Wassers. Genauso befeuern Umweltzerstörung und Klimakrise Kriege um das fruchtbare Land, die Wasserstellen und bewohnbaren Gebiete, die noch übrig bleiben. Und dass immer mehr Teile der Welt unbewohnbar werden, treibt viele Millionen Menschen in die Flucht. Die ökologische Seite des Krieges bleibt genau wie die kriegerische und vertreibende Seite von Umweltzerstörung und Klimakrise weitgehend unbeachtet, obwohl sie viele Millionen Menschenleben bestimmt und bestimmen wird.
Umwelt als Kriegswaffe
Im Zuge des Ukraine Kriegs haben wir gesehen, wie das gezielte Niederbrennen von Feldern als eine Waffe im Krieg eingesetzt wird. Ökologische Kriegsführung ist aber viel verbreiteter und vielseitiger.
In manchen Fällen ist die Zerstörung der Umwelt und damit der Lebensgrundlage der ansässigen Bevölkerung das explizite Ziel von Kriegseinsätzen. Das sehen wir beispielsweise im Krieg des türkischen Staates gegen die kurdische Freiheitsbewegung und die Revolution in Rojava (Westkurdistan / Nordsyrien), in dem der türkische Staat und seine Söldner ganze Wälder abbrennen, in denen sie die kurdische Guerilla vermuten, Felder in kurdischen Gebieten niederbrennen und durch Staudämme die Flussläufe nach Rojava blockieren, um dort für Dürre zu sorgen. Auch in Palästina wird Wasserversorgung als ein Mittel der Besatzung genutzt. So liegt im Gaza Streifen bei 97% der Brunnen der Salzgehalt des Wassers über dem Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation WHO und in der eigentlich wasserreichen Westbank herrscht Wassermangel, da die Erschließung der Grundwasservorkommen durch den israelischen Staat systematisch verhindert wird. Auch der Einsatz der giftigen Chemikalie „Agent Orange“, die die USA im Vietnam Krieg mit Flugzeugen über rund 43% der fruchtbaren Landfläche versprühte, um die Wälder zu entlauben, ist ein Beispiel für ökologische Kriegsführung. „Agent Orange“ vernichtete nicht nur weite Teile der Wälder, sondern führte auch zu Ernteverluste und zieht noch heute gesundheitlichen Folgen wie Krebs oder Immunschwächen nach sich.
In vielen anderen Fällen wird die Zerstörung der Umwelt mindestens billigend in Kauf genommen. Das Bombardieren von Erdölraffinerien oder chemischer Industrie bedeutet fast immer, dass große Mengen an Umweltgiften in den Boden und das Grundwasser gelangen und so die umliegenden Gebiete für Jahrzehnte oder Jahrhunderte verseuchen. Bei diesen Angriffen werden auch immer wieder giftige Gase freigesetzt, die die Anwohner:innen verletzen oder sogar töten. Ein verheerendes Beispiel ist auch der Einsatz von Uranmunition im Krieg der NATO gegen Jugoslawien oder den Irak, die Menschen und Umwelt radioaktiv verseuchte.
Welche konkrete Form der Einsatz der Umwelt als Kriegswaffe auch immer annimmt, er ist immer ein brutaler Angriff gegen die dort lebenden Menschen, denn der Mensch kann nur im Austausch mit der Natur überleben. Er zeigt uns außerdem, welche hemmungslose Ausbeutung der Natur im Kapitalismus möglich ist, da sie hier nur zu einem weiteren Mittel der Kriegsführung oder zum Kollateralschaden gemacht wird.
Stürmen wir die Festung Europa
Aktuell befinden wir uns in einer Zeit, in der eine Krise auf die nächste folgt und Millionen Menschen jedes Jahr gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Viele dieser Menschen fliehen wegen den Auswirkungen der Klimakrise, aufgrund von plötzlichen oder fortschreitenden Umweltveränderungen, Extremwetterereignissen wie Dürren oder Überschwemmungen. Letztlich aus dem Grund, dass ihnen die Lebensgrundlage genommen wurde und mittlerweile weite Teile der Welt nicht mehr bewohnbar sind. Je weiter die Erderhitzung voranschreitet, desto mehr Flucht, Krieg und Vertreibung wird sie bringen.
Klimakrise und Umweltzerstörung werden durch die Genfer Flüchtlingskonvention nicht als Fluchtursache anerkannt, was die Geflüchteten noch mehr Willkür, Repressionen und Schikane aussetzt als Menschen auf der Flucht ohnehin schon erleben. Die europäischen Staaten, die mit ihrer kapitalistischen und neo-kolonialen Wirtschaftspolitik eine Hauptverantwortung an der Klimakrise sowie kriegerischen Auseinandersetzungen tragen, schotten sich vor dem Leid, das ihre Politik bringt, ab, versuchen Profit daraus zu schlagen und kriminalisieren Geflüchtete und die private Seenotrettung. Die europäischen Staaten gehen dabei strukturiert und systematisch gegen Geflüchtete vor, um die Festung Europa aufrecht zu erhalten. Verborgen vor der Öffentlichkeit werden Geflüchtete in Griechenland zu unsagbar hohen Haft- und Geldstrafen wegen Menschenhandels verurteilt, weil sie selbst das Schlauchboot steuern mussten, um über den Seeweg europäische Gewässer zu erreichen. Frontex und die griechische Küstenwache üben nicht nur selbst illegale Push-Backs aus, sondern instrumentalisieren nachweislich die ausweglose Situation der Geflüchteten in den menschenunwürdigen Flüchtlingslagern, um sie als Push-Back Helfer zu erpressen. Diese Abschreckungsmaßnahmen, die Aussetzung des Asylrechts und massive Menschenrechtsverletzungen von einem Staaten-Bündnis, das den Friedensnobelpreis erhalten hat, sind auch ein Ausdruck der rassistischen Ideologie, die die Ausbeutung und Unterdrückung großer Teile der Menschheit rechtfertigen soll. Anstatt Grenzen zu öffnen werden autoritäre Regime bis hin zur faschistischen Türkei vom deutschen Staat subventioniert und dadurch Menschrechtsverletzungen, die in der Türkei stattfinden und von der Türkei in Kurdistan ausgeübt werden, unterstützt. Der deutsche Staat zeigt so, dass die sonst so laut ausgerufenen Werte von Demokratie, Frieden und Menschenrechten nur zählen, wenn sie für die Durchsetzung der eigenen Interessen nützlich sind.
Die Krisen an der Wurzel packen
In einer auf Konkurrenz und Profitmaximierung basierenden Wirtschaft und damit auch Politik und Gesellschaft, sind diese Interessen eben nicht, allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen, sondern in dieser Konkurrenz um jeden Preis zu bestehen und am besten zu gewinnen. Um möglichst viel Profit zu machen, muss möglichst viel produziert und verkauft werden. Die damit einhergehende Überproduktion von Waren führt allerdings nicht zum Wohlergehen und zur Erfüllung der Bedürfnisse Aller, sondern dient der Anhäufung von Kapital einiger Weniger. Der Zwang der Konzerne immer mehr Profite zu machen, geht mit der Ausbeutung von Mensch und Natur einher, nimmt Unzähligen die ökonomische Lebensgrundlage, führt zur ökologischen Krise und zwingt Menschen so letztlich zur Flucht. Diese Konkurrenz um Absatzmärkte, Produktionsstätten, Ressourcen und letztlich Gewinne ist außerdem der größte Kriegstreiber. Die Folge sind privatisierte Gewinne auf der einen Seite und Armut und Umweltschäden, die auf die breite Bevölkerung v.a. außerhalb der westlichen Industrieländer abgewälzt werden, auf der anderen. Die Ursachen von Flucht, Krieg und der Klimakrise können also nicht ohne den Kapitalismus verstanden werden. Nur wenn wir die Zusammenhänge unserer Krisen verstehen, sind wir in der Lage diese zu bekämpfen. Wenn wir Klimagerechtigkeit fordern, müssen wir also das System in den Fokus nehmen, das Ungerechtigkeiten gesetzmäßig hervorbringt. Schließen wir uns deshalb zusammen, um das Problem an der Wurzel zu packen. Setzen wir uns ein für das gute Leben für alle statt für den Luxus der Wenigen.